Das neue Jahr beginnt gut, nicht mit Bier sondern dem alten Wunderkind Beck.
Der vor allem durch seinen Hit Loser bekannte Sänger und Songwriter veranstaltet seit einem halben Jahr einen hübschen, inspirierenden Club, in dem er mit anderen mehr oder weniger bekannten Musikern große Alben der Pop-Geschichte neu aufnimmt und in einzelnen Videos auf seiner Homepage präsentiert. Nach The Velvet Undergrounds Bananenalbum und Leonard Cohens Songs of Leonard Cohen kann man nun Skip Spences Oar bestaunen. Hier ein kleines Beispiel mit der zauberhaften Leslie Feist als Leadsängerin.
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Passend zur Adventszeit beglücken Portishead mit Chase The Tear. Trip Hop ist weiterhin tot, es lebe Portishead!
Portishead - Chase The Tear from Mintonfilm on Vimeo.
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Überall wird in den letzten Wochen Bilanz gezogen und über das ausgehende Jahrzehnt gerichtet. Da will auch tontraegerhoerer nicht fehlen und präsentiert hiermit Teil Eins seines Rückblicks.
(Achtung, dieser Beitrag ist umfangreich. Für alle eiligen und ungeduldigen Kinder des Internets findet sich eine einfache Liste der besten Alben am Ende des Artikels.)
Johannes Waechter, der umtriebige Musikblogschreiber der SZ, prophezeite kürzlich in einem Interview, man könne dem Album als Format „getrost das Totenglöcklein läuten“ bedingt durch die erhöhte Verfügbarkeit einzelner Songs in Zeiten von Itunes und Napster.
Gleichzeitig kündigen Bands wie Radiohead an, die zur Avantgarde der Vermarktung im digitalen Zeitalter zählen, vorerst keine Alben sondern nur Singles und EPs zu produzieren. Wird das Album also sterben?
Ehrlich gesagt ermüden die ständigen Apokalypse-Vorhersagen im Musikgeschäft. Ginge es nach all den Wahrsagern, müsste Vinyl längst ausgestorben sein, würden fast alle Künstler am Hungertuch nagen und bald verschwände auch noch die CD. Oh my God, they killed Kenny!
Doch wenn man einen Blick zurück wirft auf die letzten Jahre, vergeht einem schnell die Angst. Denn das erste Jahrzehnt dieses Jahrtausends hat vielfältigere, dichtere und mehr herausragende Alben hervorgebracht als die 90er Jahre.
Wer widersprechen will, die Kommentarfunktion findet sich unten. Und nein, Morning Glory und Nevermind sind keine großen Alben sondern Ereignisse. Oder will mir ernsthaft jemand erzählen, alle Songs dieser Alben super zu finden?
Und damit wäre ich auch schon bei meinem ersten Auswahlkriterium für die besten Alben der letzten zehn Jahre. Ich habe nur Werke in Betracht gezogen, bei denen ich nie das Bedürfnis hatte, einen Track zu überspringen. Darüber hinaus wollte ich nur Alben auswählen, mit denen ich ein Stück meiner Geschichte verbinde. Als drittes Kriterium habe ich mich dagegen entschieden, nach einem typischen 00er-Sound zu forschen und mir stattdessen zu überlegen, welche Alben noch nicht da Gewesenes (hier fallen The Strokes, Franz Ferdinand, The White Stripes und Konsorten raus) präsentieren und auch in fünfzig Jahren noch auftrumpfen können.
So, lange Vorrede, jetzt zum Sinn:
Schon 2000 erschien das Album des Jahrzehnts als eine Art Initialzündung für die Musik und für mich. Man tanzte in der Idiothek, war gleichzeitig optimistisch und wollte doch vollkommen verschwinden und nie gefunden werden. Man trötete die Nationalhymne und läutete die Morgenglocke. Alles war an seinem richtigen Platz auf Radioheads Wiedergeburt Kid A. Nach einem Jahrzehnt des Brit-, Gitarren-, Grunge-, Hard-, Metal- und Sonstwie-Rock, das Radiohead mit OK Computer selbst mitgeprägt hatten, wies die Band neue Wege.
Da existierten plötzlich Free Jazz- und Folksongs, Techno-Tracks und Gitarrenmonster, Harfenweisen und Elektrowaberwolken nicht nur friedlich nebeneinander, sondern ergänzten und erweiterten sich gegenseitig wie nie zuvor.
Das macht Kid A zur perfekten Metapher für die übrigen zehn spannendsten Alben der 00er Jahre:
Everything in its right place
Und auf einmal ist alles da, die Töne, der fließende Rhythmus, die Gelassenheit. In einer Wärme, die elektronische Musik eigentlich nicht erzeugen kann. Doch schon bei den ersten Momenten des Songs umgibt einen ein Kokon aus Geborgenheit. Dieses Gefühl schufen Lambchop 2002 auf Is a woman ein ganzes Album lang. Das Bandkollektiv um Kurt Wagner schien nach den unruhigen Vorgängern ausgeglichen und angekommen. Karl Bruckmaier, SZ-Musikkritiker, ließ sich sogar zu der Aussage hinreißen, dass Is a woman eines der besten Alben aller Zeiten sei, ein Gedanke, den man in zwanzig Jahren noch einmal aufgreifen müsste. Auf jeden Fall gab es mindestens seit Nick Drake kein so reduziertes und stimmiges Album, das doch immer noch eine Idee Soul und Country in sich trägt. Und die Gänsehaut bei Kurt Wagners Gebrummel gibt es umsonst obendrauf.
Kid A
Einer der seltsamsten Momente des Radiohead-Albums passt perfekt zum 2001 erschienenen ( ) von Sigur Rós. Verschwurbelte, an Spieluhren erinnernde Melodiefragmente, die plötzlich abheben und in ungekannten Sphären verschwinden. Klingt esoterisch? Ist es auch, denn Songs von Sigur Rós sind immer mehr als Musik. Wenn der Geigenbogen über Gitarrensaiten schwebt, entstehen Klänge, die eine dringliche Sehnsucht nach Weite und Ruhe in sich tragen. All das zelebrierten Sigur Rós 2001 – bevor sie auch lautere Facetten an sich entdeckten – auf dem Traumreise-Album ( ).
The National Anthem
Zwei Minuten, angetrieben von einem unwiderstehlichen Gitarren-Bass-Duett. Zwei Minuten, tanzbar gemacht von einem hypnotischen Schlagzeugrhythmus. Zwei Minuten, und dann eine Stimme, auf die man viel zu lange warten musste. Radioheads The National Anthem und Silence von Portishead, zwei Songs mit einem identischen Aufbau.
Doch während sich The National Anthem zu einer Free Jazz-Kakophonie mit Big Band entwickelt, läutet der Opener vom ersten Studioalbum seit elf Jahren der Bristoler Trip Hop- und Melancholie-Erfinder Portishead stringent eine neue Ära ein. Third brach mit allen Erwartungen - keine Samples und kein werbetauglicher Film Noir-Sound mehr – und übertraf sie. Eine unbeschreibliche Mischung verzerrter Saxophone (Magic Doors), fieser Machine Gun-Reminiszenzen, barbarischer Trommeln (We carry on) und über allem Beth Gibbons herzzerreißende Stimme machten aus Portishead eine andere, eine neue Band – und Third zum wohl gelungensten Comeback aller Zeiten.
How to disappear completely
Thom Yorke kann durch Wände gehen. Das überrascht nicht wirklich, aber die Vehemenz und Eindringlichkeit von How to disappear completely würden Sorgen um seine Verfassung bewirken, wäre da nicht die erlösende, letzte Minute des Songs.
Genauso ergeht es dem Hörer der Cover-Sammlungen American Recordings III und IV. Johnny Cash befindet sich immer schon mit einem Bein im Reich des Todes und zieht sich doch wieder selbst hinaus. Wenn man in Schönheit sterben kann, dann wohl so wie Johnny mit I see a darkness (im Duett mit dem Schreiber des Songs Bonnie „Prince“ Billy/Will Oldham) oder U2s One.
Johnny Cash starb am 12. September 2003, doch eins ist sicher:
We’ll meet again / Don’t know where / Don’t know when / But I know we’ll meet again / Some sunny day.
Treefingers
Beth Gibbons hat mit dem Bassisten der 80er-Helden Talk Talk ein Folk-Album aufgenommen, das so ruhig ist wie dieser Radiohead-Song. Das ist an sich nichts Besonderes und erst recht nichts Neues, Folk gibt es seit Jahrzehnten. Doch die Portishead-Chanteuse ist eine Göttin und deshalb ist Out of season von Beth Gibbons & Rustin Man eine Offenbarung. So einfach ist das manchmal.
Optimistic
Optimistic ist wohl der einzige Song dieser Zusammenschau, den man 1:1 auf ein anderes Album verfrachten könnte, genau zwischen Yellow und Trouble. Coldplays Debüt Parachutes klang so optimistisch, kraftvoll und doch einfühlsam, dass man glauben konnte, die Band hätte Britpop eben erst erfunden. Was allein schon der kurze, erste Song mit dem Hörer anstellt, ist zauberhaft und hat – zum Glück – noch nichts mit dem Stadionrock à la U2 von später zu tun. Everything’s not lost!
In Limbo
You’re living in a fantasy, ein Vorwurf, den man bestimmt auch von einem auf Englisch singenden Jochen Distelmeyer zu hören bekäme. Da Blumfeld jedoch eine deutsche Band mit fast ausschließlich deutschen Texten ist, klingt das auf Testament der Angst so: Ich seh die Leute in den Straßen / Die Diktatur der Angepassten / In den Städten und den Dörfern / Leben sie und ihre Lügen / Lügen, Lügen, Lügen.
Blumfeld holten aus zum ganz großen Wurf und Distelmeyer war so wütend wie schon lang nicht mehr. Doch die Band stellte nicht nur die Diktatur der Angepassten, Medien, Märkte, Merchandise und Egoismus an den Pranger, sondern komponierte nebenbei wundervolle Liebeslieder.
Mittlerweile sind Blumfeld aufgelöst und Jochen Distelmeyer macht Schlager, der den Namen verdient und empfehlenswert ist. Zum Glück hat die Band ihr Testament schon 2001 hinterlassen.
Idioteque
Während Radiohead in die düstere und verstörende Idioteque einluden und Zuhörer mit elektronischen Beats bombardierten, öffnete Madonna die Discothek-Pforten. Mithilfe des französischen Produzenten Mirwaïs fiepte, zirpte und brummte einem Music um die Ohren.
Kaum ein Dance-Track schafft es, selbst noch nach acht Jahren so aktuell zu klingen wie der Titelsong. Überhaupt war Madonna 2001 auf dem qualitativen Höhepunkt ihrer Karriere mit zwei bemerkenswerten Alben als Gesamtkunstwerke nacheinander, dem ätherischen, introvertierten Ray of Light und dem ausgelassenen Music. Und danach? Darüber schweigen wir lieber…
Morning Bell
Jetzt kommt tontraegerhoerer ein wenig ins Schwitzen, denn zum einen gibt es noch ein Album, das er gerne unterbringen würde, welches aber eigentlich zu keinem Song passt, und zum anderen klingt Morning Bell wie keine andere Band. Doch wenn man die Augen schließt und sich Thom Yorkes Stimme wegdenkt, dann liegt dem Song ein, nun ja, Drive zugrunde, der eine deutsche Band so unverwechselbar macht: Element of Crime.
Deren Album Romantik ist die Platte, die man mit dem/der Geliebten hören will - trotz aller Melancholie. Dabei sollte man dieses Band-Phänomen besser nicht beschreiben, weil man dazu entweder ganze Songtexte zitieren oder aber die Schönheit ihrer Musik zerreden muss. Hören!
Um noch einmal zum Radiohead-Vergleich zurückzukommen: Der einzige deutsche Sänger, der wie Thom Yorke in einem einzigen Song von parkenden Autos und in der Hälfte zu zerschneidenden Kindern singen könnte, wäre Sven Regener. Und da schließt sich der Kreis.
Motion Picture Soundtrack
Und zum Schluss ist alles egal, der Rotwein ist getrunken, die Engel spielen auf und wir sehen uns im nächsten Leben. Man munkelte, Thom Yorke sei dem Selbstmord nahe und habe mit Kid A sein Vermächtnis hinterlassen, den Motion Picture Soundtrack seines Lebens. All das stellte sich zum Glück als übliche Musikpresse-spekulationen heraus, doch wenn der Radiohead-Sänger zu den Schlaftabletten gegriffen hätte, wäre nur ein einziger Engel in Frage gekommen, die Harfe auf dem Weg ins nächste Leben zu spielen.
Was Joanna Newsom im zarten Alter von 24 Jahren aus dem Hut zauberte, ist ein Meisterwerk. Ys besteht aus fünf Stücken, denn Songs kann man diese kleinen Symphonien nicht mehr nennen. Arrangiert von der Legende Van Dyke Parks, der schon für das Beach Boys-Meisterwerk Pet Sounds komponierte, fesselten die komplexen, teils mehr als fünfzehn Minuten langen Stücke selbst Drei-Minuten-Songs-Anhänger.
Und nun…Stille. Und die Hoffnung, dass die nächsten zehn Jahre ähnlich vielfältig werden.
Und hier noch einmal zur Übersicht:
2000-2009, 10 + 1
Radiohead Kid A (2000)
Lambchop Is a woman (2002)
Sigur Rós ( ) (2001)
Portishead Third (2008)
Johnny Cash American Recordings III (2000)
Beth Gibbons & Rustin Man Out of season (2002)
Coldplay Parachutes (2000)
Blumfeld Testament der Angst (2001)
Madonna Music (2001)
Element of Crime Romantik (2001)
Joanna Newsom Ys (2006)
Und hier bei Endgültig findet ihr den Aufruf, selbst die besten Alben der vergangenen zehn Jahre zu wählen!
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Was soll man davon halten, wenn Gunter Gabriel Radioheads Creep covert? Überraschenderweise viel. Hier ist der Beweis.
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tontraegerhoerer will ja eigentlich keine Werbung machen und bedauert deshalb, letzte Woche den Jochen Distelmeyer-Ausschnitt aus dem ARD-Morgenmagazin gepostet zu haben.
Jochen Distelmeyers Album Heavy ist super und er selbst eh meistens sehr sympathisch, aber das ist kein Grund, aus diesem Blog einen Distelmeyer-Internetaltar zu machen. Deshalb - wenn es nicht gegen meine Überzeugung, keine Blog-Einträge zu löschen, verstoßen würde - würde ich den ARD-Beitrag am liebsten sofort entfernen, denn ich habe was viel Besseres gefunden:
Jochen Distelmeyer in der anscheinend sehr netten Sendung Willkommen Österreich. Ein ausgezeichnetes, sprühendes Interview. Gucken! Wo?
Hier!
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Am 10.11. war Jochen Distelmeyer im ARD-Morgenmagazin nach seinem Konzert am Vorabend in Köln.
Nachdem Distelmeyer ja immer wieder vorgeworfen wird, in Interviews oft sehr spröde, schwierig und unwirsch zu sein, kann man hier einem gut gelaunten "Jochi-Boy" zuschauen. Das dürfte allerdings auch am Fragestil des Moderators liegen, der angenehm persönlich ist. Als nettes Gimmick gibt's dazu noch Regen, eigentlich ein reines Gesangsstück, jetzt aber mit Gitarre, von Distelmeyers erstem Solo-Album Heavy.
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Ein berühmter Musikproduzent versammelt in seinem Keller die Indie-Gemeinde.
Nigel Godrich ist wohl einer der umtriebigsten und erfolgreichsten Produzenten der erweiterten Indie-Szene: Beck, Travis, Paul McCartney, The Strokes (allerdings erfolglos), R.E.M., Pavement, Air, The Divine Comedy, The Beta Band und immer wieder Radiohead gehörten schon zu seinem Kundenkreis.
Wenn man so viel in der Musikwelt unterwegs ist, kommt man anscheinend auf die besten Ideen und so dachte sich Godrich eines Tages: Warum lade ich die Bands nicht einfach mal zu mir ein? Gesagt, getan. Und das stolze Resultat lässt sich jetzt auf Godrichs Website From the Basement bewundern. Radiohead, The White Stripes, Gnarls Barkley, Damien Rice, Beck, Eels, Fleet Foxes und viele mehr sind der Einladung gefolgt und jetzt mit wunderbaren Aufnahmen zu sehen.
Meine Favoriten:
Alle Videos gibt es in viel besserer Qualität auf From the Basement selbst, so wie meinen dritten Favoriten:
Gnarls Barkley Crazy
Angucken! Toll finden!
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Der Bremer Sven Regener hat mit seiner Band Element of Crime ein neues Album veröffentlicht, eine Woche vor dem ersten Solowerk des zumindest musikalischen und zugezogenen Hamburgers Jochen Distelmeyer.
Sven Regener hat wieder an den Stammtisch der Romantik eingeladen – „Kaffee und Karin / Birgit und Bier / Jammern und picheln im Gartencafé / Worte und Weißwein / Torte und Tier / Und nur wenn ich lachen muss, tut es noch weh“ – und alle sind gekommen: Die kratzbürstigen Songs, die Schunkelballaden, all die Wahrheiten und Luftschlösser.
Dass Regener Songtexte schreibt wie kein zweiter, weiß man spätestens seit dem deutschen Debüt Weißes Papier. Und doch wurde Immer da wo du bist bin ich nie mit gemischten Gefühlen erwartet, schließlich war der Vorgänger Mittelpunkt der Welt nett, aber auch nicht mehr.
Haben Element of Crime ihre Kreativität ausgeschöpft? Gibt es endlich wieder mehr musikalische Abwechslung? Kann Regener einen noch einmal richtig packen? Die Fragen standen im Raum und jetzt kann man sich beruhigt zurücklehnen, schwelgen und grinsen: Er kann. Und am liebsten würde man mit ihm ein Bier trinken und lauschen, wie er von bösen und heißen Kakteen, dem weißen Hai und natürlich immer wieder der Straßenbahn erzählt.
„Wein auf Bier, das lob’ ich mir“ besagt eine kluge Volksweisheit und deswegen darf man nach einem Stündchen mit Element of Crime auch mal den Tisch wechseln. Ein Weißwein mit Jochen Distelmeyer passt nicht nur ausgezeichnet zum soften Erscheinungsbild der Heavy-Platte.
Zwar klingt in einigen Songs noch die alte Wut auf die Diktatur der Angepassten an, doch Distelmeyer ist schon zu Blumfeld-Zeiten ruhiger und zufriedener geworden. Und das macht Spaß, ihm und dem Zuhörer, denn spätestens bei Lass uns Liebe sein zuckt jedes Bein tanzbereit mit.
Es wird und wurde wieder viel diskutiert, ob das nun Schlager, streckenweise Rock, Chanson oder Liedermacherei sei. Dabei liefert er die Antwort selbst, denn wenn die Cover-Kaugummiblase zerplatzt, macht es einfach nur: „Pop!“
Lass uns Liebe sein, Jenfeld Mädchen oder Bleiben oder gehen sind mal mehr, mal weniger positive Songs in einfacher und deshalb so wahrer Sprache, die man entweder sofort oder nie mögen wird. Unterschiede zu Blumfeld muss man lange suchen und findet nicht wirklich welche, was aber nichts macht, wie man im vielleicht besten und letzten Song des Albums Murmel hört:
Und ich, ich bin am Ziel
Weiß was ich will und brauch nicht viel
Nur zusehen wie die Kinder spiel’n
Und über uns der Zeppelin
„Ein Elefant als Luftballon!“
Ich leb dafür und leb davon
Am Ende ist es nur ein Song
Und ich flieg davon –
Zu Dir
Sven Regener fliegt bestimmt mit, es sei denn, der Zeppelin ist auch „böse und heiß“.
Weiterführendes:
Hier geht’s zu Element of Crime.
Hier geht’s zu Jochen Distelmeyer.
Deutscher Herbst, Teil 1: Eine Distelmeyer-Konzertkritik.
Eine hübsche Kritik zum neuen Element of Crime-Album bei Laurelie.
So, genug!
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In den nächsten Wochen schlagen die Herzen von Fans deutscher Indie-Musik höher: Neue Alben von Element of Crime, Tocotronic und Jochen Distelmeyer. Der gab sich vergangenen Samstag samt Band in Mainz die Ehre und hatte zum Glück nicht nur zu viele E-Gitarren eingepackt.
Ich hatte gestern das zweifelhafte Vergnügen, eine Kritik über einen Auftritt von Jochen Distelmeyer & Band in der Mainzer Allgemeinen Zeitung zu lesen. Michael Jacobs schwafelte darin über „Höllisch rollende[…] Rückkkopplungs-Donner“, einen „infernalisch fauchenden Mahlstrom aus pulsierendem Underground-Beat und Sixties-Zitaten“, durchbrechende „Schlager-Sedimente“ und „gescheit gescheitelte Schwere-Nöter“. Da hat wohl jemand einen Metapher-Clown gefrühstückt.
Eigentlich war ich der Meinung, dass solche Auswüchse von Musikjournalisten-Angeberprosa der Vergangenheit angehören. Fachblätter wie Musikexpress, Rolling Stone oder sogar die stets indie-streberhafte Spex sind schon lange zu der Einsicht gelangt, dass derartige Sprachunfälle die Aufmerksamkeit vom Wesentlichen – nämlich der Musik – ablenken.
Zum Glück hat der Autor dieser Kritik größtenteils nur stilistisch daneben gegriffen, denn Distelmeyer konnte tatsächlich über weite Strecken überzeugen. Einzig der gerade bei einigen neuen, härteren Songs (das neue Album heißt nicht umsonst Heavy) zu undifferenzierte Sound verhinderte, dass man wirklich verstand, was gesungen wurde. Und die Texte sind immer noch das Wichtigste an Distelmeyers Musik.
Kein Wunder, dass man nichts verstand, beschallten einen teilweise gleich drei E-Gitarren auf einmal. Doch sobald Jochen Distelmeyer zur Akustikgitarre griff und die Lieder ruhiger und melodiöser wurden, war augenblicklich zu erleben, wieso er zu recht als einer der besten deutschen Sänger und Liedermacher gilt (wem das zu abgeschmackt klingt: Singer & Songwriter). Das fast komplett allein vorgetragene Regen, der neue „Happy Song“ Lass uns Liebe sein und Murmel machen schon jetzt Lust auf das neue Album, während alte Hits wie Wir sind frei, Tics, Old Nobody und das mit Publikumschor zelebrierte Status Quo Vadis die Trauer über das Ende von Blumfeld schmälern. Der deutsche Herbst wurde auf jeden Fall würdig eröffnet.
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