Sonntag, 30. August 2009
Hollywood kills again

Vor sieben Jahren trieb ein grausamer Serienmörder sein Unwesen auf der abgelegenen Harper’s Island, bevor er erschossen wurde. Seitdem herrscht Ruhe und Ordnung auf der Insel, bis 25 größtenteils wunderschöne Menschen dort eine Hochzeit feiern wollen und das Morden wieder beginnt. One by one…



Seit dieser Woche läuft die Serie, die in ihrer Idee sehr an Agatha Christies And then there were none (früher: Ten little niggers, aus nachvollziehbaren Gründen geändert) erinnert, im deutschen Fernsehen. Ich hatte das Glück, Harper’s Island schon im Original sehen zu können und will nicht zu viel spoilern, weshalb weitere Beschreibungen gar nicht erst folgen. Nur so viel: Wer sich kreative Ablebensvariationen, gruselige Szenen und gerade in den ersten Folgen ironische Anfangseinstellungen nicht durch eine krude Auflösung und deswegen eher schlechte, letzte Folge verderben lässt, kommt hier voll auf seine Kosten.

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Dienstag, 11. August 2009
Public Enemies

Seit letzter Woche ist Michael Manns neues Gangsterdrama im Kino.



Mitten im Film stehen sich die beiden Hauptdarsteller Christian Bale und Johnny Depp zum ersten und einzigen Mal gegenüber. John Dillinger (Depp) befindet sich – mal wieder – hinter Gittern und trifft mit Melvin Purvis (Bale) den Mann, der ihn jagen sollte. Doch die Szene verläuft nicht, wie man es erwarten könnte: Nicht Purvis sondern Dillinger spottet vergnügt, nicht Purvis’ sondern Dillingers Augen blitzen triumphierend durch die Gitterstäbe, Gefangener und Freier scheinen die Rollen zu tauschen.

Dieser Augenblick ist die Essenz von Michael Manns Filmen. Jäger und Gejagter, beide bereit bis zum Äußersten für ihr Ziel zu gehen, bis die Grenzen zwischen ihnen, zwischen Recht und Unrecht verschwimmen. Al Pacino und Robert De Niro in Heat, Jamie Foxx und Tom Cruise in Collateral, aber auch Russell Crowe und Pacino, der in The Insider bereit ist für eine gute Story ein Leben zu zerstören, bilden weitere Variationen der gleichen Situation ab: Mann zeigt antagonistische Profis bei der Arbeit.

In Public Enemies begleitet Mann den Bankräuber und Staatsfeind Nr.1 John Dillinger und dessen Jäger Melvin Purvis, einen Agenten des gerade entstehenden FBIs, womit auch das Geschehen des Films im Grunde zusammengefasst ist: Banküberfälle, Ermittlungsarbeiten, Verfolgungsjagden, Schusswechsel. Besonders die Actionsequenzen fesseln durch virtuose Kameraführung und enorme Geschwindigkeit. Dass man dennoch nie den Überblick verliert wie bei Action-Spektakeln à la Michael Bay (u.a. Transformers, Pearl Harbor) liegt an Manns Raumbeherrschung und der Inszenierung seiner Schauspieler. Johnny Depp entwickelt eine für ihn sonst ungewöhnliche, physische Härte und Christian Bale beeindruckt wie immer. Wodurch? Das muss wohl sein Geheimnis bleiben, doch egal wie schillernd seine Filmgegner auch sein mögen – man denke nur an Joker Heath Ledger – wenn Bale ihnen wie in der eingangs beschriebenen Szene begegnet, dominiert er schauspielerisch ohne auch nur ein Wort sagen zu müssen.



Das kann man von Marion Cotillard leider nicht behaupten, bei der man sich den ganzen Film hindurch fragt, was ein Gangster wie John Dillinger wohl an ihr finden mag. Doch dies bleibt der einzige Wermutstropfen in einer sonst sehr interessanten Actiontragödie.

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Donnerstag, 23. Juli 2009
Familiengeschichten 1: Alias

Bevor J.J. Abrams mit der Serie Lost in die Liga der Hollywood-Großverdiener aufstieg, lieferte er bereits mit der von 2001 bis 2006 ausgestrahlten Serie Alias ein interessantes Stück Fernsehgeschichte ab.



Jennifer Garner spielt die junge Agentin Sydney Brystow, die bereits in der Pilotfolge nicht nur mit dem Tod ihres Verlobten zurechtkommen muss, sondern auch herausfindet, dass hinter dessen Ableben niemand anders steckt als ihre eigene Geheimdienstabteilung SD-6. Zu allem Überfluss entpuppt sich diese nicht als Unterorganisation der CIA, sondern als Teil eines Verbrecherkartells, in das auch ihr Vater Jack (Victor Garber in einer sehr minimalisti-schen Rolle, in der jede Gefühlsregung umso umwerfender wirkt) verwickelt zu sein scheint. Sydney stellt sich der richtigen CIA und wird prompt als Doppelagentin engagiert mit dem Ziel, das komplexe Kartell zu vernichten, eine Aufgabe, die sie nicht allein ausführen muss, da sich auch ihr Vater als Doppelagent für die CIA erweist.

So viel zur Ausgangssituation der Serie zu Beginn der ersten Staffel, womit auch schon das entscheidende Argument für die Qualität von Alias geliefert ist: Die Serie ist per se nicht zusammenfassbar. Der Plot vollzieht Finten am laufenden Band, doppelte Böden wechseln sich mit klugen Cliffhangern ab und J.J. Abrams vollbringt es, jede Staffel so zu beenden, dass alles vorher Gesehene in völlig neuem Licht erscheint.

Interessanterweise begnügt sich die Serie nicht mit ihren an Computerspiele erinnernden Agenten-Missionen, die entweder mit Gewalt oder Geschicklichkeit gelöst werden müssen. Alias ist nur auf den ersten Blick eine Actionserie, doch das die Hauptfigur umgebende Beziehungsgeflecht offenbart, dass Alias eine Familienserie im modernen Gewand ist. [Achtung, Spoiler!] Im letzten Augenblick der ersten Staffel erfährt Sydney, dass hinter vielen Verbrechen ihre für tot gehaltene Mutter steckt, die russische Agentin Irina Derevko. Die von Lena Olin mit klirrender Gefühlskälte und unglaublicher Präzision gespielte Mutter Sydneys wurde vor ihrer Geburt auf Jack Bristow angesetzt, um so Zugang zu CIA-Informationen zu erhalten. Doch Derevko wird enttarnt, als Sydney sieben Jahre alt ist und täuscht ihren Tod vor. Jack erzählt seiner Tochter nicht die Wahrheit über ihre Mutter, sodass diese umso ge-troffener ist, als Irina Derevko sich plötzlich der CIA stellt und verhaften lässt, um ihr umfassendes Wissen über die Geheimdienstunterwelt zu teilen.



Aus diesem komplexen Beziehungsnetz entwickeln sich eine dramaturgisch äußerst anspruchsvolle Aufarbeitung der Familiengeschichte und der Versuch, eine neue Art des Miteinanders zu finden. Besonders beeindruckend sind die ersten Folgen der zweiten Staffel, in denen die verhaftete Irina Derevko in einer Zelle gefangen gehalten wird und Mutter und Tochter getrennt durch eine Glasscheibe versuchen, die Vergangenheit und den noch immer für Sydney unfassbaren Verrat an ihr und ihrem Vater zu artikulieren.



Immer wieder schafft es die Serie im alltäglichen Agentenleben mit Verrat, Kampf, Hinterhalten, Diebstählen und Stunts solche ruhigen Momente einzufangen und Irina, Sydney und Jack als eine Art moderne Patchworkfamilie zu inszenieren, die trotz aller Wendungen und Enttäuschungen in den entscheidenden Augenblicken immer wieder zu sich findet.

Im Übrigen ist Alias für das Gebiet der Gender-Forschung mit Sicherheit nicht uninteressant: Während im Verlauf der Serie fast immer Männer die Entscheidungsträger in dunklen Anzügen in Machtpositionen mimen, werden sie letztlich doch immer wieder von Frauen übertrumpft bzw. ausgespielt, ohne dass diese dafür ihre Weiblichkeit opfern müssten.



Neben den schon angesprochenen Victor Garber und Lena Olin (falls das noch nicht deutlich genug war: Geniale Auftritte!) glänzt Alias mit vielen interessanten Gastauftritten z.B. von David Carradine, Roger Moore, Quentin Tarantino, Isabella Rosselini, Amy Irving, Faye Dunaway, Rutger Hauer, Ethan Hawke, Christian Slater und David Cronenberg.

Demnächst: Weitere Familiengeschichten in Gossip Girl.

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