Mittwoch, 20. Oktober 2010
Ein Blick zurück (1): Nick Cave & The Bad Seeds The Boatman’s Call

Natürlich will im Pop immer alles weiter, weiter, weiter, und der heißeste Track von heute ist morgen bereits totgehört. Doch manche Songs oder gar ganze Alben sind über Jahre, manchmal auch Jahrzehnte hinweg unkaputtbar. So wie dieses Werk.




The Secret Life of the Love Song, so lautet der Titel einer Vorlesung, die Nick Cave 1998 an der Wiener Schule für Dichtung hielt. Eigentlich eine überflüssige Angelegenheit, er hätte auch einfach einen CD-Spieler mit The Boatman’s Call einlegen können. Auf dem 1997 erschienen Album finden sich die wohl schönsten Liebeslieder des düsteren Sängers, der neuerdings mit rumpelndem Rock im Nebenprojekt Grinderman seine wildere Seite zeigt. Doch auf diesem Album ist Cave ganz bei sich, was bereits der erste Song Into My Arms mehr als deutlich macht. Nur vom Klavier begleitet, erzählt das lyrische Ich von seiner Ungläubigkeit und bittet Gott und dessen Engel, falls es sie doch gibt, nur um eines: Then direct you into my arms, into my arms, O Lord. Diesen Song spielte Cave auf der Trauerfeier für den INXS-Sänger Michael Hutchence und weigerte sich, dabei von Kameras gefilmt zu werden.

Und als wäre ein großartiges, den perfekten Ton treffendes Liebeslied nicht genug, zaubert Cave noch (Are you) The One I’ve Been Waiting For aus dem Hut. Eine ruhigere, stimmigere und intimere Platte hat Nick Cave seitdem nicht mehr geschrieben. Das Akkordeon-begleitete, sehnsuchtsvolle Abschiedslied Black Hair, angeblich PJ Harvey gewidmet, Brompton Oratory mit dem großartig zurückhaltenden Schlagzeug oder das positiv klingende doch abgründige People Ain’t No Good, das Album lässt Höhepunkt auf Höhepunkt folgen, bis Cave im Duett mit sich selbst die Platte ausklingen lässt.

Um den einzig übrigen Man in Black selbst zu zitieren:

A beauty impossible to define / A beauty impossible to believe / A beauty impossible to endure.

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