Mittwoch, 13. Januar 2010
Crime Time:
Louise Penny – Denn alle tragen Schuld

Es ist Zeit für eine neue Reihe: tontraegerhoerer wird in den nächsten Wochen einige ausgewählte Werke der Kriminalliteratur besprechen, von stilbildenden Klassikern bis hin zu modernsten Thrillern. All diese Romane verbindet, dass sie innovativ, sprachlich überlegt und dennoch spannend sind, denn darum geht es schließlich, wenn man sich mit einem guten Krimi in den Sessel setzt.

Den Anfang macht das 2005 erschienene Denn alle tragen Schuld der kanadischen Autorin Louise Penny.

Das kleine Dorf Three Pines, das unweit von Québec nah an der amerikanischen Grenze liegt, wird von einem Mord erschüttert: Die allseits beliebte, pensionierte Lehrerin Jane Neal wird mit einem Pfeil erschossen. Chief Inspector Armand Gamache übernimmt den Fall und lüftet bald allerlei lang gehegte Geheimnisse des idyllischen Dorfs.




Es ist nicht der Mord an sich oder gar die Lösung des Falls, die Denn alle tragen Schuld zu einem interessanten Krimi machen. Vielmehr sind es die schrulligen Charaktere und der Handlungsort. Three Pines ist ein wahr gewordener Traum an ländlicher Aussteigeridylle, ein Ort, an dem Künstler, Dichter, Köche und Buchhändler ein ruhiges, ausgeglichenes Leben führen. Dass man vor lauter Harmonie nicht einschläft, liegt am geschliffenen Humor Louise Pennys und den Figuren: Ein schwules Bistro- und Hotelbesitzerpaar, eine stets missgelaunte und angriffslustige Poetin und ein sanfter, stets höflicher Ermittler sind nur ein Ausschnitt aus dem großen Ensemble interessanter Figuren in Three Pines.

Neben dem schon angesprochenen Humor sind es vor allem Pennys dezente, moralische Randbemerkungen, die dieses Buch zu einem unglaublich angenehmen Erlebnis werden lassen: Pennys Charaktere haben sich größtenteils völlig von den Zwängen des modernen (Großstadt-)Lebens wie Aussehen, Reichtum, Image usw. gelöst. Das führt zu einer Freilegung menschlicher Emotionen, und an diesem Punkt setzt Chief Inspector Gamache an, der die Haltung vertritt, dass jedem Mord eine lang unterdrückte, still auf den Ausbruch wartende Emotion zugrunde liegt.
Besonders spannend wird die Betrachtung der Gefühle der Figuren vor allem dadurch, dass der Roman immer wieder die Erzählperspektive wechselt und verschiedene Charaktere begleitet.

Denn alle tragen Schuld ist der perfekte Krimi für die Winterzeit, einerseits spannend bis zur letzten Seite und andererseits herzerwärmend.

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