Samstag, 26. September 2009
Deutscher Herbst, Teil 2: Sven und Bier, Jochen und Weißwein

Der Bremer Sven Regener hat mit seiner Band Element of Crime ein neues Album veröffentlicht, eine Woche vor dem ersten Solowerk des zumindest musikalischen und zugezogenen Hamburgers Jochen Distelmeyer.

Sven Regener hat wieder an den Stammtisch der Romantik eingeladen – „Kaffee und Karin / Birgit und Bier / Jammern und picheln im Gartencafé / Worte und Weißwein / Torte und Tier / Und nur wenn ich lachen muss, tut es noch weh“ – und alle sind gekommen: Die kratzbürstigen Songs, die Schunkelballaden, all die Wahrheiten und Luftschlösser.

Element of Crime "Immer da wo du bist bin ich nie"


Dass Regener Songtexte schreibt wie kein zweiter, weiß man spätestens seit dem deutschen Debüt Weißes Papier. Und doch wurde Immer da wo du bist bin ich nie mit gemischten Gefühlen erwartet, schließlich war der Vorgänger Mittelpunkt der Welt nett, aber auch nicht mehr.
Haben Element of Crime ihre Kreativität ausgeschöpft? Gibt es endlich wieder mehr musikalische Abwechslung? Kann Regener einen noch einmal richtig packen? Die Fragen standen im Raum und jetzt kann man sich beruhigt zurücklehnen, schwelgen und grinsen: Er kann. Und am liebsten würde man mit ihm ein Bier trinken und lauschen, wie er von bösen und heißen Kakteen, dem weißen Hai und natürlich immer wieder der Straßenbahn erzählt.

„Wein auf Bier, das lob’ ich mir“ besagt eine kluge Volksweisheit und deswegen darf man nach einem Stündchen mit Element of Crime auch mal den Tisch wechseln. Ein Weißwein mit Jochen Distelmeyer passt nicht nur ausgezeichnet zum soften Erscheinungsbild der Heavy-Platte.

Jochen Distelmeyer "Heavy" Front


Zwar klingt in einigen Songs noch die alte Wut auf die Diktatur der Angepassten an, doch Distelmeyer ist schon zu Blumfeld-Zeiten ruhiger und zufriedener geworden. Und das macht Spaß, ihm und dem Zuhörer, denn spätestens bei Lass uns Liebe sein zuckt jedes Bein tanzbereit mit.
Es wird und wurde wieder viel diskutiert, ob das nun Schlager, streckenweise Rock, Chanson oder Liedermacherei sei. Dabei liefert er die Antwort selbst, denn wenn die Cover-Kaugummiblase zerplatzt, macht es einfach nur: „Pop!“

Jochen Distelmeyer "Heavy" Back


Lass uns Liebe sein, Jenfeld Mädchen oder Bleiben oder gehen sind mal mehr, mal weniger positive Songs in einfacher und deshalb so wahrer Sprache, die man entweder sofort oder nie mögen wird. Unterschiede zu Blumfeld muss man lange suchen und findet nicht wirklich welche, was aber nichts macht, wie man im vielleicht besten und letzten Song des Albums Murmel hört:

Und ich, ich bin am Ziel
Weiß was ich will und brauch nicht viel
Nur zusehen wie die Kinder spiel’n
Und über uns der Zeppelin
„Ein Elefant als Luftballon!“
Ich leb dafür und leb davon
Am Ende ist es nur ein Song
Und ich flieg davon –
Zu Dir


Sven Regener fliegt bestimmt mit, es sei denn, der Zeppelin ist auch „böse und heiß“.

Weiterführendes:

Hier geht’s zu Element of Crime.
Hier geht’s zu Jochen Distelmeyer.
Deutscher Herbst, Teil 1: Eine Distelmeyer-Konzertkritik.
Eine hübsche Kritik zum neuen Element of Crime-Album bei Laurelie.

So, genug!

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