Mittwoch, 8. Juli 2009
Double Feature: Charlotte & Emily


Die schlimmste Nachwirkung der Schulzeit ist wohl die unglaubliche Fähigkeit von Deutsch-, Englisch- und Französischlehrern, jegliche Lust auf „klassische“ Texte zu vermiesen. Mir haben meine Deutschlehrer erfolgreich Max Frisch und beinahe sogar Goethe unmöglich gemacht. Auf jeden Fall weiß ich jetzt, dass man selbst die größten Werke der Literaturgeschichte zerreden kann. Ich habe ein ganzes Jahr auf den noch nicht gelesenen Werther gestarrt, bevor ich es endlich übers Herz brachte, die erste Seite zu lesen und ein paar Stunden später überrascht und mitgenommen das Buch fertig gelesen zur Seite legte.

Wesentlich perfider waren allerdings meine Englischlehrer: Anstatt uns zumindest mit ein paar Romanen der englischen Literatur bekannt zu machen, wurden bis auf Shakespeare alle Autoren ignoriert und als für uns nicht verständlich abgestempelt. Zufällig stolperte ich im Kino über Pride & Prejudice (zugegebenermaßen vor allem wegen Keira Knightley) und hatte zwei Wochen später meinen ersten Jane Austen-Roman verschlungen. Spätestens da war die lehrerverursachte Literaturkanon-Phobie überwunden. Dieses Jahr habe ich nacheinander die beiden bekanntesten Werke der englischen Schwestern Emily und Charlotte Brontë gelesen, Wuthering Heights und Jane Eyre.

Wuthering Heights ist ein düsterer, wortgewaltiger Roman, der sich um die grausamen und unausweichlich tragischen Verwicklungen zwischen drei Familien dreht, ausgehend von der unerfüllten Liebe Heathcliffs und Cathys. Bis jetzt ist mir noch kein derartig finsterer und letztlich unbarmherziger Romanheld untergekommen wie Heathcliff, der sich selbst und alle Menschen um ihn ins Unglück stürzt.

Charlotte Brontës Stil ist weniger dramatisch, vielmehr betrachtet ihre Erzählerin Jane Eyre die Welt mit beobachtenden und sehr wohlmeinenden Augen. Jane ist eine Waise, die nach einer harten Kindheit als Gouvernante eine Anstellung in einem alten Schloss beim unheimlichen Mr. Rochester erhält. Zwischen beiden entwickelt sich eine von ironischen Streitgesprächen mit exakten Pointen geprägte Beziehung, die Jane Eyre durch eine überraschende Wendung an den Rand des Wahnsinns treibt.

Beide Romane kann ich sehr ans Herz legen, wobei Jane Eyre für Einsteiger in die englische Literatur des 19. Jahrhunderts das zugänglichere Werk ist.

Wer Wuthering Heights gelesen hat, kommt natürlich nicht um den gleichnamigen Song Kate Bushs herum:

I'm coming back, love,
Cruel Heathcliff, my one dream,
My only master.

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